Inhalt

Wie sich Deutschland mit erneuerbaren Energien selbst versorgen kann

Eine knappe Stunde benötigte er, um das Stimmungsbild im Saal deutlich zu ändern – gerade einmal zwei um das Gros zu überzeugen. „Jeder von uns muss selbst anfangen umzudenken. Wir dürfen nicht auf andere schauen, sondern müssen uns an die eigene Nase fassen“, forderte Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter. Ungewöhnlich deutliche Worte für einen Wissenschaftler. Der aus Bad Berleburg stammende Akademiker hatte sich der durchaus provokanten Frage gewidmet, ob sich Deutschland vollständig durch erneuerbare Energien versorgen kann. Unter den rund 130 Gästen im Bürgerhaus am Markt glaubten vor Beginn gerade rund gut die Hälfte daran, dass dies möglich ist – nach dem Vortrag des 62-Jährigen von der FH Münster waren es gut Dreiviertel. Denn Christof Wetter – er gastierte auf Einladung der Stadt Bad Berleburg im Bürgerhaus –  belegte nicht nur, dass eine vollständige Versorgung mit „Erneuerbaren“ möglich ist, er plädierte gerade deshalb dafür, die Energiewende aktiv umzusetzen. Und belegte diese Erkenntnisse mit zahlreichen Quellen. Seine Präsentation inklusive der Ergebnisse gibt es auf dieser Seite zum Download.

"Gesamtgesellschaftliche Anstrengung"

Denn tatsächlich ließen sich pro Jahr in Deutschland 2348,7 Terrawattstunden elektrische Energie erzeugen – damit wäre der Bedarf nicht nur gedeckt, sondern es bestünde ein theoretischer Überhang von rund 790 Terrawattstunden. „Die technischen Voraussetzungen dafür sind da. Natürlich müssen wir unsere Netze fit machen, natürlich sind Energiespeicher wichtig. Aber das ist alles möglich. Vor allem bedarf es einer erheblichen gesamtgesellschaftlichen Anstrengung, um die Wende hin zu erneuerbaren Energien möglich zu machen“, konstatierte Christof Wetter. Letztlich betrachtete Christof Wetter den Energiewechsel als vielschichtige Notwendigkeit, die ganzheitlich umgesetzt sein will. „Strom-Erzeugung, Wärme-Gewinnung, E-Mobilität – die Liste ließe sich fortführen. Es muss in allen Bereichen etwas passieren“, forderte der Wissenschaftler.

"Weg so verantwortungsvoll wie möglich gestalten"

Professionell und angenehm unterhaltsam moderiert von Steffi Müsse, beantwortete der Wissenschaftler sämtliche Fragen des Publikums. Und setzte dabei klare Zeichen: „Wir müssen jede erneuerbare Energie ausbauen, die sinnvoll ausbaubar ist. Wir müssen gleichzeitig aber auch von unserem hohen Energiebedarf runter und unsere Effizienz erhöhen – im Verkehrssektor etwa durch die Bildung von Fahrgemeinschaften und den Ausbau des ÖPNV.“ Dass die Energiewende zunächst zu neuen Umweltbelastungen führt, verhehlte Christof Wetter nicht. Aber: „Wir müssen uns fragen, welcher der bessere Weg ist. An einem Umbau geht kein Weg vorbei – diesen Weg müssen wir so verantwortungsvoll wie möglich gestalten.“ Dabei spielte er einerseits auf Eingriffe in die Natur an, andererseits forderte er eine Beteiligung der Menschen an der Energiewende – so, wie sie die Stadt Bad Berleburg beispielsweise plant und mit vergünstigtem „Unser BLB-Strom“ bereits praktiziert. „Das ist ein gesamtgesellschaftlicher Entwicklungsprozess“, erklärte Christof Wetter. Gut zwei Stunden waren bei diesem Schlusspunkt wissenschaftlicher Betrachtung vergangenen – das Stimmungsbild im Saal hatte sich in dieser kurzen Zeit markant gewandelt. Nicht nur deshalb fiel die „Abstimmung“ bei der abschließenden Nachfrage von Bernd Fuhrmann eindeutig aus: Weitere Informationsveranstaltungen zum Thema Erneuerbare Energien, gerne auch mit Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter, waren eindeutig erwünscht – Handzeichen und Applaus waren dafür klare Indikatoren.

Vortrag zum Download

Prof. Dr.-Ing. Christof Wetter arbeitet und doziert an der FH Münster in Steinfurt. Der 1960 in Bad Berleburg geborene Wissenschaftler ist im Fachbereich „Energie, Gebäude, Umwelt“ tätig und befasst sich dabei mit umweltrelevanten Bereichen sowie dem Bereich der erneuerbaren Energien. Das Lehr- und Forschungsgebiet des 62-Jährigen sind Abwassertechnik und Gewässerreinhaltung, Produktionsintegrierter Umweltschutz, Biogasnutzung sowie Bioethanol. Mit seinem Forschungsteam arbeitet der Akademiker an zahlreichen Projekten. Christof Wetter ist verheiratet und hat vier Kinder. Sein Vortrag zur Frage „Kann sich Deutschland vollständig mit erneuerbaren Energien versorgen?“ steht ab sofort im Internet zum Download als PDF unter www.bad-berleburg.de/Vortrag zur Verfügung.