Literaturpflaster: Warum Rom längst nicht mehr auf der Hölle steht
Im Spätsommer 2015 hat Roms Bürgermeister Ignazio Marino den „Piazza Martin Lutero“ auf dem Colle-Oppio-Hügel gegenüber vom Kolosseum eingeweiht – gut 500 Jahre nach Luthers Romreise. Ob der spätere Reformator im Herbst 1510 oder 1511 jedoch nach Rom wanderte ist in der gegenwärtigen Forschung umstritten. Ebenso die Frage, ob er das tatsächlich tat, um im Vatikan eine Protestnote seines Ordens, der Augustiner, zu überbringen. Wenn diese Reise jedoch stattgefunden hat – und dafür spricht einiges – dann konnte Luther nach langer beschwerlicher Anreise noch nicht vor der monumentalen Barockfassade des Petersdoms stehen, sondern vor einer Riesenbaustelle. Genau darum geht es im Vortrag von Pfarrer Martin Bräuer in der Bonifatius-Kirche in Raumland. Am Donnerstag, 31.10.2024, um 19.30 Uhr – also am Reformationstag – referiert er dort zum Thema „Reformation und Rom – Martin Luthers Rom-Reise“. Der Eintritt ist frei.
Drastische Äußerung im Kirchen-Konflikt
In Rom nämlich konnte Luther mit eigenen Augen sehen, wie das Geld aus dem später von ihm angeprangerten Ablasshandel verbaut wurde. Das prunkvolle Rom, dessen Päpste die Kunst ebenso förderten wie die eigenen Genüsse, sollte der Reformator in der Folge als „Hure Babylon“ beschimpfen. Im Konflikt mit der Kirchenspitze gelangte er zu der drastisch geäußerten Auffassung: „Gibt es eine Hölle, so steht Rom darauf.“ Heute hat sich das Verhältnis zwischen dem Vatikan und den Nachfahren Luthers wesentlich entspannt. Für Pfarrer Dr. Jens Martin Kruse, der 2015 Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Rom war, war dagegen klar: die „Piazza Martin Lutero“ ist „Ausdruck einer lebendigen und vielfältigen Ökumene. Rom ist heute eine weltoffene Stadt, zu deren Reichtum es gehört, dass in ihr auch evangelische Römer leben und arbeiten”.
Vortrag ist eine Kooperation
Er muss es wissen, denn die Päpste Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus haben der lutherischen Gemeinde Besuche abgestattet und dort gepredigt. Ausgehend von Luthers Romreise, will der Vortrag in Raumland dazu beitragen, wie der Vatikan heute arbeitet und man dort lebt. Er will einen Einblick in die ökumenischen Beziehungen zwischen evangelischen Christen und Katholiken geben. Denn heute kann man wahrlich nicht mehr sagen: „Gibt es die Hölle, so steht Rom darauf“. Der Vortrag ist eine Kooperation mit der Erwachsenenbildung im Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein (Regionalstelle Evangelische Erwachsenen- und Familienbildung Westfalen und Lippe e.V.) und der Evangelischen Kirchengemeinde Raumland sowie des Berleburger Literaturpflasters.